Die Pretty Hotels DNA besagt: Glaube nur, was Du selbst gesehen hast. Deshalb sind Sterne-Bewertungen und Instagram posts mit überschwänglichen Lobeshymnen für uns nur Amuse-Geules. Das gilt auch für Sizilien, das mit Sicherheit ein interessantes und großartiges Reiseziel ist. Aber eines mit vielen Tücken. Denn Sizilien ist eine große Insel in Süditalien.
Grundsätzlich muss man wissen, dass Sizilien aus einem vegetativen Teil (Osten / Süd-Osten) mit vielen Pflanzen und Bergen besteht – und einem sehr dürren Teil mit viel Schotter, Steppe und wüstenartigen Flächen (Westen / Süd-Westen). Die Region um Catania und dem Ätna ist anders als die Region um Palermo. Und Palermo und Catania könnten verschiedener kaum sein.
Das wahre Siziliengefühl findet sich ein, wenn man den Pfaden der Locals folgt, ihre Restaurants kennen lernt und ihre versteckten Strände. Und gerade auf dieser Insel liegt das Glück im Einfachen. Einen Teller Pasta mit Sardellen und gerösteten Brotkrümeln (Pasta c’anciuva) in einer Trattoria am Fuße des Ätna zu genießen, ist weiterhin unbezahlbar. Dazu ein Glas des Hausweins Nero d‘ Avola aus der Nähe der Barockstadt Noto. Was braucht man mehr?
Unsere Sizilien-Reise beginnt in Palermo. Eine Stadt wie ein Wunschtraum. Italienisch, authentisch, direkt am Wasser gelegen und sehr sauber. Auf einer Liste der interessantesten Städte Europas bestimmt unter den Top 5. Palermo hat einen ganz eigenen Charme, es wirkt wie ein renoviertes Havanna. Im Zentrum steht ein Geflecht aus sehr gut erhaltenen Palazzi. Jede Hausfassade ein eigenes Kunstwerk. Und eines der Wahrzeichen, das Teatro Massimo, ist kein Protzbau, sondern ein Statement für Kunst und Kultur. Abends versammeln sich die Bewohner in kleinen Seitenstraßen rund um die Piazza Caracciolo, DJs mischen gute Musik, es wird getanzt und geflirtet.
Nur die passende Unterkunft haben wir in Palermo noch nicht gefunden. Dafür im Vorort Mondello (15 Min. von Palermo): Die Villa Masetta. Das Hotel liegt direkt am Strand, man wohnt in bunten, authentisch italienischen Zimmern und ist dennoch nah genug an der Hauptstadt Siziliens.
Palermo Tipps
Bester Kaffee: Casa Stagnitta.
Besuchen: Teatro Massimo.
Authentisches Restaurant: Osteria Mangia e Bevi.
Für Feinschmecker: Restaurant Limu.
Beste Pizza: Alfresco Palermo.
Wohnen: Villa Masetta, Mondello.
Von Palermo führt eine wunderschöne Küstenstraße gen Osten in einen der bekanntesten Sizilianischen Urlaubsorte: Cefalù. Wer möchte, kann auch den Zug nehmen. Allerdings ist der Zug in Sizilien kein Orient Express mit plüschigen Sesseln. Ist also nicht sehr romantisch.
Cefalù selbst ist hübsch und absolut einen Besuch wert. Anders als viele Nachbarorte ist Cefalù sehr gepflegt. Die Altstadt stammt aus einer Zeit weit vor Christus. Man spaziert durch enge Gassen und schöne Häuserfassaden und blickt von hier auf die Aeolischen Inseln Alicudi und Filicudi. Apropos Filicudi: Die kleine Insel haben wir im Sommer 2022 ebenfalls besucht, die Reportage unserer Italien-Korrespondentin Laura Taccari gibt es hier.
Wir haben bei unserem Besuch übrigens das Le Calette Hotel getestet. Was soll man sagen: Man kann es keinesfalls empfehlen.
Eine bessere Variante befindet sich im Hinterland von Cefalu. Das Hotel Susafa. Es liegt ca. eine Autostunde südlich von Cefalu, etwas versteckt in den Bergen. Die Reise lohnt sich, denn im Susafa wohnt man charmant im luxuriösen Bio-Bauernhof mit Swimming Pool. Lage, Ambiente und Zimmer sind top, beim Essen und im Service gibt es aber Abzüge.
Museum in Cefalu: Museo Mandralisca.
Essen: Ristorante Qualia.
Wohnen: Susafa.
Von Cefalù fahren wir die sich am Wasser entlang schlängelnde Autobahn via Messina in den Süden. Achtung auch hier: Die Orte auf der Strecke sehen einladend aus. Man stellt sich vor, ein Sizilianisches Lunch mit Blick aufs Meer einzunehmen. Doch findet man hauptsächlich Ruinen und nicht sehr gepflegte Strände. Viele der Häuser stehen zum Verkauf.
Taormina allerdings ist eine Wucht. Natürlich ist es kein Saint Tropez oder Portofino. Aber die Lage der Stadt über dem Felsen mit Blick auf das Meer und den Ätna und dem kleinen Teil unten am Strand (Mazzarò) ist ein Traum. Die Straßen schlängeln sich durch verschiedene Tunnel zu den antiken Bauwerken. Manche noch im Jugendstil, viele aber auch aus den 60ern und 70ern. Mittendrin: die beiden Belmond-Luxushotels, die Villa Sant‘ Andrea unten am Wasser. Und das Grand Hotel Timeo. Dazu das Four Seasons San Domenico Palace, mit Blick auf Meer und Ätna. Durch diese Fülle an Luxushotels ist Taormina in den vergangenen Jahren zu einem Art „it“-place geworden. In den Sommermonaten ankern hier nun die großen Yachten der Milliardäre.
Die drei Hotels sind zwar sehr schön, rufen seit Sommer 2023 allerdings obszön teure Raten auf. Man würde durchaus zwei Nächte empfehlen – wenn es 500 Euro pro Zimmer und Nacht wären (es sind eher 2.800 Euro pro Nacht).
Viele wollen auch nach Taormina, weil hier Teile des Films „Der Pate“ gedreht wurden. Man kann die Orte auch besichtigen, zum Beispiel die Villa, in der Michael Corleone wohnte: Das Castello degli Schiavi.
Taormina selbst kann man in ein, zwei Tagen erkunden. Ein Tag am Strand und ein weiterer, um die antiken Ruinen anzusehen, lohnt sich in jedem Fall.
Essen in Taormina
Teatro 44 und Osteria Rosso diVino (beide oben im Ort).
Lido La Pigna (unten am Strand).
Von Taormina fahren wir eine Bergstraße Richtung Ätna hinauf. Nach Linguaglossa. Und beziehen ein Schloss, über dessen Schätze man erst im Inneren erfährt. Es nennt sich Palazzo Previtera und ist die Entdeckung dieser Sizilien-Reise.
Familie Previtera, noble Auswanderer aus der Provence, bauten das verschachtelte Haus im Jahr 1649 als Sommerresidenz. Seit 2022 dürfen nun auch externe Gäste die Räumlichkeiten bewohnen. Künstler bleiben in artist-in-residence Programmen und hinterlassen großartige Werke. Im Erdgeschoss befindet sich sogar eine große Kunstgallerie.
Im Palazzo Previtera gibt vier Suiten und zwei Cottages, in denen man sich selbst versorgen kann. Sollte man aber nicht, denn Linguaglossa ist kulinarisch eine echte Offenbarung. Der Ort verfügt über zwei Restaurants mit Michelin-Stern. Das Shalai und das Dodici Fontane. Wir können vor allem das Restaurant Bocaperta empfehlen. Sizilianisch echt. Schön. Und vor allem gut. 10 Punkte.
Linguaglossa liegt direkt unterhalb des Ätna. Natürlich muss man den 3.357-Meter hohen Vulkan bei einem Besuch besteigen. Oder ihn zumindest mit dem E-Mountainbike erklimmen. Es gibt sehr viele geführte Wanderungen hinauf.
Der Gastgeber im Palazzo Previtera, Alfio Puglisi, ein Nachfahre der Previtera Familie, empfiehlt in Linguaglossa auf jeden Fall eine geführte Tour zum Ätna, für die man etwa 5-6 Stunden einplanen muss. Kosten: ca. 100 Euro. Voraussetzung: gute Schuhe.
Bei unserem Besuch im Palazzo haben wir Alfio auch gleich zu seinen generellen Sizilien-Favoriten befragt.
1. Was würdest Du jemandem empfehlen, der Sizilien zum ersten Mal besucht?
Natürlich sind der Vulkan Ätna mit seinen Weingütern und Taormina meine beiden Lieblingsorte. Es ist eine Mischung aus Tradition und Weltoffenheit, nur 20 km voneinander entfernt. Sicily in a nutshell sozusagen.
Wenn man mehr Zeit hat, würde ich sogar einen Ausflug auf die Äolischen Inseln empfehlen. Salina oder Lipari beispielsweise. Am Ende ist Sizilien aber eine Insel voller Kultur und Mythen, so dass oft zwei Wochen nicht ausreichen, alles zu sehen.
2. Warum ist Catania so anders als Palermo? Ist es nur ein Gefühl oder gibt es auch große kulturelle Unterschiede?
Palermo war schon immer die aristokratische Stadt Siziliens und sie ist es auch heute noch. Catania, die zweitgrößte Stadt der Insel, war historisch gesehen eher die Stadt der Kaufleute und Händler. Der Fischmarkt in Catania ist ein wunderbarer Ort, um zu verstehen, wie der Handel hier früher ablief. Man bekommt schnell eine Idee, wie Catania so tickt. Hier leben noch viele unabhängige Fischer und Bauern, die ihre Produkte an die Einheimischen verkaufen und das nur wenige Schritte vom Dom entfernt, dem bekanntesten Bauwerk barocker Architektur in Catania. Die Menschen in Catania sind eher Industrielle, die sich der Innovation verschrieben haben, während die Menschen in Palermo eher vornehm und gebildet sind. Aber dadurch ist Catania auch viel kreativer.
3. Wenn die Leute nach Sizilien kommen, um gut zu essen. Gibt es eine gute Quelle, wo man gute lokale Restaurants finden kann?
Es gibt nicht wirklich einen umfassenden Guide für sizilianisches Essen (es gibt einen Lonely-Planet-Führer, der aber einige interessante Restaurants auslässt). Vielleicht sollten meine Freunde von Emotional Sicily und ich mal einen schreiben. Der beste Tipp ist, durch die Stadt zu laufen und nach Vorschlägen zu fragen. Einige der besten Restaurants sind sehr versteckt und man muss wirklich die Locals fragen.
4. Welches Weingut sollte man bei einem Aufenthalt in Linguaglossa besuchen gehen?
Es gibt mehr als 210 Weingüter in der Region, so dass Weinliebhaber hier wirklich auf ihre Kosten kommen. Für Rotweine liebe ich die heroische Landwirtschaft von Vini Franchetti und die Innovationen in der Weinherstellung von Cusumano. Alternativ für ein Mittagessen sollte man ins Weingut Tenuta di Fessina einkehren. Man speist dann auf der Terrasse über dem Alcantara-Tal. Oder aber die wunderbare Tenuta Rustica, dessen Naturwein hier in der Gegend eine große Fangemeinde hat.
Vielen Dank, Alfio.
Essen in Linguaglossa
Authentisch: Bocaperta.
Für Feinschmecker: Dodici Fontane, Shalai (beide mit Michelin Stern).
Wohnen in Linguaglossa
Natürlich bei Dr. Alfio Puglisi im
Palazzo Previtera
Via D. Alighieri 24
95015 Linguaglossa
Wir fahren die Serpentinen wieder hinab Richtung Westen, ins Zentrum von Catania. Soll man Catania besuchen? Auf jeden Fall. Die Stadt ist zwar nicht ganz so pretty wie Palermo. Aber für das Verständnis von Sizilien absolut wichtig. Die Fassaden in Catania sind dunkel, die Straßen und Cafés erinnern an Berlin Kreuzberg. Es ist kreativ und die Bauwerke historisch.
Wie von Alfio Puglisi vom Palazzo Previtera empfohlen, ist der Fischmarkt hier ein Muss. Denn Catania ist und bleibt eine Handelsstadt. Auf dem Fischmarkt wird diese „historische“ Welt sehr eindrucksvoll präsentiert.
Die Stadt-Strände sind in Catania trotz der tollen Lage (vom Zentrum aus in 5 Minuten erreichbar) eher rau. Ein Strandclub neben verlassener Holzruine ist keine Seltenheit. Catania ist ein wenig Sizilien unplugged.
Obwohl mit einem Michelin-Stern dekoriert, ist das Restaurant Sapio noch ein Geheimtipp unter den Cataniern. Man bekommt hier edle sizilianische Kreationen serviert, allerdings auch zu einem stolzen Preis. Für Foodies aber ebenfalls ein Must-Visit.
Catania-Tipps
Besuchen: Fischmarkt und das Tearto Massimo Bellini
Essen: Le Tre Bocche.
Für Feinschmecker: Sapio.
Wir fahren über kleine, zum Teil verlassene Ortschaften Richtung Ragusa. Ein Häusermeer, das auf Fotos etwas charmanter rüberkommt als in der Realität. Ragusa stammt zwar aus der Zeit vor Christus, wurde aber bei einem Erdbeben 1693 komplett zerstört und im Anschluss wieder aufgebaut. Man spaziert durch enge Gassen, kann aber schwer über die für Touristen aufgebauten Bars und Hostels hinwegsehen. Es ist spannend, Ragusa und das Nachbardorf Modica zu besichtigen, aber man muss hier nicht unbedingt länger bleiben.
Deshalb empfehlen wir als Unterkunft die etwa 20 Minuten entfernte Farm Tenuta Cammarana. Sylvia La Padula und ihr Mann, der Künstler Giuseppe Pulvirenti, haben einen Teil ihrer Villa Cammarana für Gäste geöffnet.
Es gibt fünf sehr charmante, zum Teil aber auch sehr einfache Zimmer. Die Suite im ersten Stock hat sogar einen wunderschönen Blick auf das Meer und die Strände im Süden. Die sind nur 15 Minuten mit dem Auto entfernt, was die Tenuta Cammarana zu einem sehr guten Ausgangspunkt macht. Nächstgelegener Strand ist Marina di Ragusa. Sehr empfehlenswert, mit vielen kleinen Strandclubs und Bars. Doch auch hier gilt: Wir sind nicht an der Cote d’Azur. Alles ist noch sehr einfach. Sizilianisch eben.
Wer möchte, bestellt in der Tenuta Cammarana für den Abend ein Dinner. Man sitzt dann je nach Witterung im Garten oder der Orangerie und bekommt dann jenes Essen, das man aus Büchern und Reportagen über Sizilien kennt: Grandiose Hausmannskost.
Hoteltipp
Tenuta Cammarana
97100 Donnafugata
DZ ab ca. 160 Euro
Von Ragusa geht es auf der Südlichen Meeres-Seite Richtung Westen. Die Straßen werden nun heller und die Umgebung ähnelt einer Wüste. Ab und zu sieht man sehr verlassene Dörfer, beige Hügellandschaften, keine Bäume. Wir fahren in etwa drei Stunden nach Agrigento. Auf mehreren Hügeln befinden sich griechische Tempelruinen. Ab und zu findet man eine Bar mit skurriler Einrichtung und gutem Kaffee. Ein Roadtrip wie in Arizona.
Bei Montallegro biegen wir in eine kleine Küstenstraße ein. Sie führt zu einem neuen Hotel. Dem Adler Spa Resort Sicilia. Besitzer und Erbauer ist eine Südtiroler Familie, die sich hier ihren Traum von einem Hideaway am Meer erfüllt hat. Es ist – wie der Name schon sagt – ein Resort mit viel Wellness und ganz viel Komfort. Und nach einem Besuch muss man feststellen: Es ist ein ziemlich optimaler Abschluss einer Sizilienreise. Denn nach viel rauer Natur, lauten Städten und nicht ganz einfachem Suchen und Finden von guten Restaurants, kann man sich im Adler Resort nun schön verwöhnen lassen.
Man frühstückt mit Blick aufs Wasser und spaziert nach dem Dinner in ein herrlich klimatisiertes Zimmer, dessen Wände aus dem roten Vulkanstein des Ätna geweißelt wurden. Alle Infos zu diesem neuen Hotel stehen hier.
Hoteltipp
Adler Spa Resort Sicilia
Contrada Salsa
92010 Siculiana
©Pretty Hotels 2022
