Wer im Roncolo 1888 ankommt, blickt auf ein Ensemble an historischen Villen und Stallungen, eine modernisierte Orangerie mit Feinschmecker-Restaurant und gusseiserne Tore. Das Relais liegt oberhalb des Bio-Weingutes Venturini Baldini, das ebenfalls zum Anwesen gehört. Julia Prestia, die ursprünglich aus Wien stammt und ihr Mann Giuseppe (aus Sizilien) haben das Gut 2015 erworben und in den vergangenen Jahren zu einem traumhaften Hideaway umgestaltet. Ein perfekter Ausgangspunkt, um die Emilia zu erkunden oder einfach in der Natur des nachhaltigen Anwesens Ruhe zu finden.
Im Sommer treffen sich die Locals abends sogar auf der Wiese vor dem Weingut zum Picknick. Überhaupt ist die Stimmung hier eher wie in der Toskana, denn hinter dem Gebäude erstreckt sich eine hügelige malerische Landschaft, die sich abends in gelbrotes Licht tüncht.
Seit 2019 gehört das Roncolo 1888 auch zur Familie der Pretty Hotels. Zeit, um mit Julia über die Anfänge und Herausforderungen, ein solches Anwesen zu restaurieren, zu sprechen.
War es schon immer Dein Traum, ein Weingut zu besitzen, Gäste zu bewirten, und das ganze auch noch in Italien?
Ursprünglich komme ich aus einer ganz anderen Ecke. Ich habe nach dem Wirtschafts- und Jusstudium in Wien lange Jahre in der Finanzbranche in London gearbeitet. Aber schon zu Beginn meines Berufslebens habe ich immer wieder mit der Idee geliebäugelt, ein kleines Hotel zu führen. Ich kann mich noch genau erinnern, wie ich mit meinem Mann Giuseppe im Urlaub in Sizilien unser erstes „Traumobjekt“ entdeckt hatte. Daraus ist zwar leider nichts geworden, aber vielleicht war es auch gut, denn ein paar Jahre später haben wir hier das Weingut Venturini Baldini gefunden. Jetzt haben wir neben einem eigenen Hotel auch noch unseren Traum einer nachhaltigen Landwirtschaft verwirklichen können.
Wie waren die Anfänge mit dem Relais Roncolo 1888? Es soll eher eine Ruine als ein Traumobjekt gewesen sein.
Ehrlich gesagt war das gesamte Weingut in einem sehr heruntergekommenen Zustand. Nur die Cantina im unteren Teil des Weinguts war noch – wenn auch sehr eingeschränkt – operativ tätig. Das Anwesen oben, also das Ensemble aus den Häusern, die heute Relais Roncolo 1888 ausmachen, war im Prinzip eine unbewohnbare Ruine. Da musste alles erneuert werden. Wir haben fünf Jahre damit verbracht, alle Gebäude zu sanieren und letztendlich zu einem Hotel umzuwandeln.
Was sind die größten Hindernisse, wenn man ein solches Projekt startet?
Nunja, ein Anwesen von dieser Größe zu restaurieren bedeutet erst einmal eine große Investition, das ist schon kein kleines Hindernis. Für uns war es zusätzlich aber auch eine große Herausforderung, uns in einer komplett neuen Branche zurechtzufinden. Man muss sich erst einmal ein neues Netzwerk schaffen.
Sieht das Weingut und das Anwesen inzwischen so aus wie du es Dir vorgestellt hast oder ist es etwas anderes?
Eigentlich ja. Wir werden in den nächsten zwei Jahren noch ein paar Änderungen vornehmen. Zum Beispiel wird ein kleines Spa hinzukommen und ein neuer Frühstücksraum in den alten Stallungen, aber im Prinzip ist es genau so geworden, wie ich es mir erhofft hatte.
Was ist das schönste an Gastronomie / Hospitality?
Das schönste, und ich muss sagen, das ist wirklich unglaublich schön, ist: Man bekommt als Gastgeber wirklich sehr viel zurück. Dieses Empfinden der Gäste, wenn sie die gleiche Erfahrung machen, die wir vor nunmehr fast zehn Jahren hatten, als wir Roncolo 1888 entdeckten. Die Emotion, die dieser Ort mit sich bringt, wenn man zum ersten Mal zu uns auf den Hügel hinauffährt, und dieses Gefühl des Glücklichseins, an diesem Ort zu sein. Das ist unbezahlbar.
Wie ist es als Österreicherin / Wienerin in der Emilia Romagna zu arbeiten und zu leben?
Die Emilia ist eine Region, die sich – neben dem tollen Essen – mit sympathischen, bescheidenen und hart arbeitenden Menschen auszeichnet. Wir haben persönlich und beruflich viele gute Bekanntschaften gemacht, und es macht wirklich große Freude, hier zu arbeiten.
Dein Mann ist Sizilianer. Es gibt viele Bücher von Deutschen (zum Beispiel „Mama ihm schmeckt`s nicht“), in denen das Leben in einer Italienischen Familie erzählt wird. Wie hast Du es bisher „überlebt“?
Da muss ich sehr schmunzeln, weil es diese kulturellen Unterschiede tatsächlich gibt. Zum Beispiel, wenn wir abends Gäste zum Essen einladen. Da muss immer viel mehr am Tisch sein, als man eigentlich essen kann. Mein Mann wurde immer schrecklich nervös, wenn er sah, wie wenig Essen ich eingeplant hatte. Irgendwann habe ich mir einfach angewöhnt, den geplanten Einkauf mal zwei zu rechnen. Jetzt komme ich mit der Menge hin, wie mein Mann einkaufen würde. Wir essen dann zwar eine Woche lange die Reste auf, aber er ist dafür beruhigt. Das ist wichtig bei einem Italiener.
Was macht Roncolo 1888 so einzigartig für Dich und warum sollte man es besuchen kommen?
Roncolo 1888 ist ein Ort, an dem man komplett abschalten und sich wohl fühlen kann, und dabei den Luxus eines Design-Hotels geniessen kann. Das Anwesen mit seinem toskanischen Flair und seiner natürlichen Schönheit ist sicher einzigartig in Emilia, und sicher eines der schönsten in Italien. Natur spielt bei uns eine große Rolle, und wer zu uns kommt, kann in dieser grünen Oase den Alltag vergessen und sich wiederfinden, und dabei die Schönheiten der Emilia entdecken: Ob Kultur, Food oder Motor Valley – es gibt für jeden Geschmack etwas und wir liegen tatsächlich im Herzen der Emilia.
Emilia Romagna Tipps
Ein Besuch in der Collezione Maramotti in Reggio Emilia. Das Il Labirinto di Franco Maria Ricci bei Parma und natürlich das Ferrari-Museum von Enzo Ferrari in Maranello, südlich von Modena, sind immer einen Abstecher wert. Ausserdem gibt es eine Vielzahl von Feinschmecker-Lokalen, allen voran eines der besten Häuser der Welt, die Osteria Francescana von Massimo Bottura in Modena.
Roncolo 1888
Tenuta Venturini Baldini
©Pretty Hotels.