Wenn man einen sogenannten Star-Koch trifft, kann alles passieren. Denn Menschen, die in amerikanischen Late Night Shows vor Millionenpublikum auftreten oder für Präsidenten das Empfangsdinner vorbereiten, sind in der Regel etwas schwierig. Bei Massimo Bottura (60) ist das anders. Vor allem wenn man ihn in seiner Heimat Modena trifft. Dort fühlt er sich zuhause und weil er seit 2019 hier ein eigenes Hotel besitzt (das Casa Maria Luigia – a member of Pretty Hôtels), zeigt er uns erst einmal seine umfangreiche Jazz-Plattensammlung. Die Vinyl-Platten liegen im sogenannten Record-Room im Haupthaus des Casa Maria Luigia. In der Mitte ein Stuhl und dazu eine Sound-Anlage. Wenn man es genau nimmt, wird man von 12.000 Platten umrahmt. Alleine dieser Raum ist schon skurril genug für eine Geschichte.
Wir setzen uns in den Schatten vor seinem Restaurant Francescana at Casa Maria Luigia, das rechts vom Eingang des Hotels liegt. Es ist ein Satellit seiner zwei Mal zum Weltbesten Lokal gewählten „Osteria Francescana“ im Zentrum von Modena. Nach wie vor kommen Gäste aus der ganzen Welt, um hier einmal die berühmte Parmesan-Kreation mit dem Namen „Five different ages of parmiggiano“ probieren zu dürfen.
Apropos dieses Parmesan-Gericht: Da hat Bottura gleich eine wichtige Botschaft. „Am Anfang hieß es in Italien noch, ich zerstöre das Image des Parmesan-Käses. Und 20 Jahre später wurde es zum Gericht des Jahres gekürt.“ Er möchte damit sagen, dass man immer für das, was man macht, kämpfen muss. Auch wenn es etwas länger dauert und alle es kritisieren. Vieles sei am Anfang natürlich nicht perfekt, sagt Bottura. Aber er ist keiner, der so schnell aufgibt.
Kaffeetrinken mit Bottura ist das Gegenteil eines Malediven-Urlaubs. Wenn er redet, redet er sich gerne in Rage. Er ist immer voller Passion, vor allem wenn es um das Kochen, die Kunst oder die Musik geht.
Vielleicht hat das mit seinem Lebensweg zu tun. Denn Botturas Lebenslauf ist nicht der eines klassischen Sternekochs.
Nach einem abgebrochenen Jura-Studium eröffnet er 1986 eine kleine Trattoria in einem wie er sagt „Minidorf mit zehn Einwohnern“ nahe seiner Heimat Modena. Eines Tages besucht der französische Großmeister Alain Ducasse einen Freund, der um die Ecke ein Lokal betreibt. Der schickt Ducasse zu Bottura. Daraufhin bietet er ihm ein Praktikum in seinem Restaurant im Hotel de Paris in Monaco an. Bottura nimmt es an und lernt die französische Gourmet-Küche kennen. Er wechselt nach New York, trifft dort seine spätere Ehefrau Lara Gilmore und 1995 versucht er sein Glück mit der eigenen Osteria Francescana in Modena. Im Jahr 2011 erhielt das Lokal drei Michelin-Sterne, 2016 und 2018 wurde es auf Platz eins der World’s 50 Best Restaurants gewählt. Die Netflix-Doku „Chef’s Table“ widmete ihm eine ganze Folge und Bottura landete in der Liste der 100 einflussreichsten Menschen des Time Magazines.
Doch was hat ihn dazu motiviert, bei all dem kulinarischen Erfolg ein Hotel zu eröffnen, möchte man natürlich wissen. Hotels bedeuten viel Arbeit und eine ältere Villa etwas außerhalb von Modena ist bestimmt kein Selbstläufer.
Bottura grinst bei dieser Frage. Denn er findet den Begriff Hotel – so wie wir – etwas komisch. Ein Hotel ist eben nicht gleich ein Hotel. Und er verstehe unter einem Hotel einfach etwas komplett anderes. „Die meisten Hotels, die ich kenne, haben keine Energie“, sagt Bottura. In Luxushotels sitze man meist alleine auf einer Terrasse. Die Kellner stehen rum und langweilen sich.
Seine Idee war, „ein Haus zu schaffen, in dem die Menschen zusammen kommen.“ Gastronomie habe immer damit zu tun, dass die Menschen gemeinsam essen – egal ob mit der Familie oder Freunden. Dann erzählt er eine Geschichte. Neulich seien Gäste aus verschiedensten Nationen bei ihm zum Dinner gewesen. Die waren am Anfang ganz schüchtern und fast ablehnend gegenüber. Dann habe er sie gemeinsam an einen Tisch gesetzt und sie wurden Freunde. Hatten eine gute Zeit und haben am nächsten Morgen zusammen gefrühstückt. Das sei es dann, was ihn glücklich mache.
Wenn man mit Bottura über solche Themen plaudert, vergeht die Zeit wie im Flug. Drinnen im Restaurant wird gerade sein 9-Gänge Degustations-Menü gestartet und Bottura möchte zu jedem Gang eine Geschichte erzählen. Wenn er da ist, macht er das immer und die Gäste lieben es.
Zeit also, um hinein zu gehen. Und eines der kulinarisch hochwertigsten Menüs der Welt zu probieren.
Casa Maria Luigia
Stradello Bonaghino 56
San Damaso – Modena
Italy
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